Zwei Stücke für Klavier zu sechs Händen: Romanze und Walzer

Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow wurde als der »letzte Romantiker« bezeichnet: Ein zu spät Geborener, der mit den Neuerungen des zwanzigsten Jahrhunderts etwa auf dem Gebiet der Tonalität nichts habe anfangen können, der sich den Innovationen und radikalen Umbrüchen der Schönberg-Schule verweigerte und einfach weiter an der spätromantisch geprägten Tradition habe festhalten wollen. Seine Musik mutet deshalb auch im doppelten Sinne romantisch an: Nicht nur des kompositorischen Stils wegen, sondern auch dank der wehmütigen Besinnung auf die verehrte alte Zeit, die doch für immer verloren ist.

Dabei war Rachmaninows Lebenslauf keineswegs altbacken, sondern der eines weltmännischen modernen Komponisten und Musikers. Früh wurde sein herausragendes Talent als Pianist erkannt und gefördert, er durchlief als Heranwachsender die Konservatorien und Meisterklassen in St. Petersburg und Moskau. Als freischaffender Pianist und Komponist gefeiert, ging er mit Ausbruch der Oktoberrevolution ins Exil in die USA und blieb dort wohnhaft, nicht ohne ausgedehnte Konzerttourneen nach Europa zu unternehmen.

Rachmaninows Klavierwerk nimmt unter seinem kompositorischen Schaffen eine herausragende Stellung ein. Die beiden Stücke für Klavier zu sechs Händen schrieb der Komponist für seine beiden Cousinen; sie erfordern eine im wahrsten Sinne enge Abstimmung dreier Pianisten. Der Walzer dringt kraftvoll und schwelgerisch ans Ohr; die Romanze erklingt höchst einfühlsam und lässt die Nähe zum Adagio seines berühmten zweiten Klavierkonzerts erahnen. Die romantische Tschaikowsky-Tradition ist deutlich zu spüren, aber impressionistisch anmutende Arpeggien und modulierende Klangkaskaden zeigen, dass Rachmaninow keineswegs verschlossen gegenüber neueren Strömungen um die Jahrhundertwende war.
Sergei Rachmaninow
Sergei Rachmaninow

Historie

22.06.2019 - Gefühle und Gedanken

Martha Argerich, David Chen, Evgeni Bozhanov, Akane Sakai, Guy Braunstein, Mayu Kishima, Lyda Chen, Andrei Ioniţă