Die vier Jahreszeiten

Am Ende eines Jahres, das wesentlich von einer intensiven Debatte über ein echtes Menschheitsthema geprägt war, Antonio Vivaldis »Vier Jahreszeiten« zu hören, macht nachdenklich. Neben der bangen Frage, ob die Politik überhaupt noch willens und in der Lage ist, den Klimawandel zu beeinflussen, macht sich, so scheint es, bererits Wehmut breit: Werden wir uns schon bald an so etwas wie den Jahres-Zyklus nur noch erinnern? Gehört das Gefühl für ein zeitliches Kreisen dann der Vergangenheit an?

Vivaldis spätestens 1725 entstandenes Werk ist sein bis heute bekanntestes und beliebtestes – eine Art frühe Programmmusik, welche sich als Gattung eigentlich erst im 19. Jahrhundert etablierte. Die »Vier Jahreszeiten« haben die unvergleichliche Gabe, Naturempfindungen hörbar zu machen. (Und es bleibt die Hoffnung, dass diese Empfindungen auch in Jahrzehnten noch in der Natur »überprüft« werden können.)
Genau genommen handelt es sich um einen Zyklus von vier Konzerten, die jeweils drei Sätze (schnell – langsam – schnell) umfassen. Der Frühling lässt im ersten Allegro die Natur gewissermaßen erwachen: Die Vögel trillern und zwitschern. Wie auch im dritten Satz entsteht hier der Eindruck von rauschenden Blättern und einer reinen, unverfälschten Naturidylle. Im mittleren Largo schläft ein Hirte. Während die Jahreszeiten des Übergangs, also Frühling und Herbst, in Dur gehalten sind, erleben wir den Sommer (wie auch den Winter) im Moll: Die Hitze hat den verliebten Hirten erschöpft, zwar singen auch hier die Vögel, und die Wespen brummen, doch im Finalsatz geht ein heftiges Gewitter nieder.
Im Herbst befinden wir uns auf einer Jagd, und besonders kunstvoll ist die musikalische Schilderung eines Betrunkenen: Die Streicher verschleiern den Klang, als werde unsere Wahrnehmung benebelt. Im Winter schließlich klirrt die Kälte, wir schlittern auf dem Eis und stapfen durch den Schnee. Und im zarten mittleren Largo lässt das Pizzicato der Solovioline an Schneeflocken denken.

Antonio Vivaldi
Antonio Vivaldi

Historie

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