Der Pariser Komponist Francis Poulenc, Mitglied der »Group de Six«, die die Musik durch Beschränkung auf klare Formen ohne zu viel Ornament erneuern wollte, wandte sich 1928 mit seinem »Concert Champêtre« vergangenen Zeiten zu: Indem er das Cembalo als Soloinstrument in den Mittelpunkt stellt, kommt sofort eine Barock-Stimmung auf. Denn spätestens seit dem 19. Jahrhundert übertönt das schlagende Klavier ja eigentlich das zupfende Cembalo. Es klingt wie ein Gruß aus längst verloschenen Zeiten. Allerdings offenbart sich Poulenc hier als ein dem Fortschritt äußerst zugewandter Konservativer, indem er Barock und Moderne vereint.
Wie er das macht? Gleich zu Beginn kombiniert er eine getragene, barocke Einleitung mit moderner Harmonik und präsentiert das Allegro dann als humoristische Jagdmusik, die einem Donald-Duck-Film entstammen könnte. Der Mittelsatz strahlt die ländliche Stimmung des Titels aus (champêtre = ländlich) und nimmt als Sicilienne Bezug auf eine traditionelle Barock-Form. Am bezeichnendsten ist aber wohl das Finale: Hier erklingt das Cembalo in voller Pracht des 18. Jahrhunderts, ohne dabei jedoch zur besinnlichen Barock-Ruhe zu kommen. Denn immer wieder wird es vom quasi modernen Orchester gestört. Dieses »sehr fröhliche« Presto endet überraschend mit einem Moll-Schlussakkord des Cembalo, der nicht wirklich einer ist. Zu beiläufig erklingt er. Beinahe so, als habe das Soloinstrument nun nichts mehr zu sagen.
14.05.2017 - Tastsinnlich
Ion Marin Dirigent
Mahan Esfahani Cembalo
Werke von Prokofjew, Poulenc und Saint-Saëns