Er wurde kurz vor Johann Sebastian Bach geboren, überlebte diesen um viele Jahre und sorgte als Musiktheoretiker für weit mehr harmonisches Wissen: Doch Jean-Philippe Rameau (1683-1764) ist uns heute weniger geläufig.
Halt! Werden da nicht deutsche Äpfel mit französischen Birnen verglichen? Einerseits ja. Denn Rameaus Wirkungsfeld, das er erst in reifen Jahren entdeckte und dann um so intensiver beackerte, war das der Oper, während Bachs Musik bekanntlich in weniger liederlicheren, vielmehr in Kirchen-Häusern erklang. Dennoch fragt man sich wie so manches Mal in der Musikgeschichte, warum ein Stern erst vergleichsweise schwach glimmt, um dann jahrhundertelang hell zu strahlen (Bach), wo doch damals im Nachbarland ein ähnlich heller (aus einstiger Perspektive sogar hellerer, nämlich Rameau) zu finden war.
Mehr als 25 Opern schrieb er von seinem 50. Lebensjahr an. Die hohe Kunst des Spätbarock – diese ornamentreiche, komplex gebaute, mitunter „galante“ und zum Beispiel auch von Gregor Philipp Telemann verkörperte Musik – lässt sich mit diesen zeitlosen Werken (die sich zumindest in klug programmierenden Musiktheaterhäusern noch heute finden und deren Musik nicht selten fast wie im 19. Jahrhundert Naturbilder zu malen vermag) bestens erleben. Vielleicht sogar besonders gut, wenn es sich reine Instrumentalauszüge wie heute handelt.
27.09.2020 - Martin Fröst
Martin Fröst Dirigent und Klarinette
Werke von Mendelssohn Bartholdy, Rameau, von Weber und Bartók