Valse Triste op. 44 Nr. 1

Walzen – das ist ein Verb und heißt so viel wie »drehen«. Wenn Komponisten in ihre Werke Gesellschaftstänze einbauen, handelt es sich oft um Walzer: Alles dreht sich im Dreivierteltakt. Tiefe Streicher zupfen eins, zwei, drei; die Violinen und Holzbläser geraten dazu ins Schwelgen. Es mag der große Erfolg von Johann Strauss jr. und des Wiener Walzers im 19. Jahrhundert gewesen sein – auffällig ist, dass sich Komponisten der Jahrhundertwende (als provokante Reaktion darauf?) gern an Varianten des tradierten Musters versuchten. Sie behielten das Metrum bei, änderten aber den Charakter. So entstanden Walzerparodien, Walzerverzerrungen, Walzerkatastrophen oder – wie im Falle von Jean Sibelius‘ »Valse triste« – traurige Walzer.

Keinem skandinavischen Komponisten sind Klischee-Zuschreibungen wohl mehr zum Verhängnis geworden als dem Finnen. Erstens schuf Sibelius mit der »Finlandia« die inoffizielle Hymne seines Heimatlandes. Zweitens ging er im Laufe des 20. Jahrhunderts seine eigenen, also nicht immer modernen Wege. Und drittens zog er sich schon bald in sein einsames Landhaus zurück. Fortan war er also der »grüblerische Finne« und litt sehr darunter, dass er als Komponist zwar in England und den USA gefeiert, in Deutschland zunächst aber als »kitschig« abgetan wurde. Er trank – und wurde noch einsamer.

Sibelius‘ »Valse Triste« für Orchester entstand 1904 als Bühnenmusik zu Arvid Järnefelts Drama »Der Tod«, dauert nur ein paar Minuten und entwickelt doch eine intensive nordische Stimmung. Er beginnt mit einem Bruchrest des oben beschriebenen Streicher-Pizzicato und in der Tat traurigen Melodien, bevor sich – wie eine leise Erinnerung – Wiener Ball- klänge herausschälen. Der Schluss aber verklingt wieder höchst melancholisch.

Jean Sibelius
Jean Sibelius

Historie

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