Es gibt eine Leitlinie der US-Kulturindustrie, die so erfolgreich wie simpel ist: Was einmal funktioniert hat, funktioniert immer. Das Schicksal von Samuel Barbers »Adagio für Streicher« liegt darin begründet. Dieses 1938 als Extrakt aus seinem zwei Jahre zuvor geschriebenen Streichquartett entstandene Werk gilt gewissermaßen als maximal wehmütig. Immer, wenn etwas zu betrauern ist, kommt es zum Einsatz. Mit seinen zehn Minuten passt es in jede Trauerfeier; es bietet pure Emotion, ohne zu ermüden. Beerdigungen von US-Präsidenten wurden mit diesem Adagio genauso untermalt wie zahlreiche Filme (»Der große Diktator«, »Platoon«, »Der Soldat James Ryan« u.v.a.) oder etwa die Trauer um die Toten des 11. September 2001. Es ist ein Teil der Popkultur geworden, indem es in Songs und TV-Serien auftaucht. Der 1910 in West Chester geborene Samuel Barber war allerdings nicht einverstanden, dass man seine Arbeit oft nur auf dieses Adagio reduzierte. Seine Kritiker warfen ihm vor, viel zu romantisch zu sein. (Natürlich ist das Adagio romantisch, aber er schuf ja noch viele andere, vielseitigere Werke und gilt bei seinen Bewunderern zu Recht als einer der wesentlichen Neubegründer der US-amerikanischen klassischen Musik.) Unverkennbar ist auf jeden Fall die Parallele zu Gustav Mahler. Und so stellt sich Barber mit diesem zart-schmerzlichen, betont langsamen Klanggewebe bei aller Gradlinigkeit deutlich in die deutsch-österreichische Musiktradition.