Der Karneval der Tiere

Manchmal hört man Musik – und denkt sich nichts dabei. Und manchmal sieht man sofort Bilder vor dem inneren Auge auftauchen. Jede einzelne der 14 Nummern in Camille Saint-Saëns’ »Karneval der Tiere« ist so ein Fall: Die hoppelnden oder kreischenden Tiere würde man auch dann erkennen, wenn die Überschriften fehlten. Beinahe zumindest. Denn beispielsweise die schnellen, auf- und abschwellenden Läufe der beiden Klaviere im Löwenmarsch könnten natürlich auch eine Welle am Meeresufer oder vielleicht das Raunen im Fußballstadion sein. Denkt man sich aber den Löwen hinzu, kann es sich um gar nichts anderes handeln als dessen Gebrüll.

Das ist die Herausforderung von Programmmusik – also von Musik, die sich auf Texte, Ideen oder eben die Natur bezieht: Sie muss imitieren, in welcher Form auch immer. Camille Saint-Saëns (1835–1921) jedoch gelang mit diesem echten Klassik-Hit, den er zur Faschingszeit des Jahres 1886 in wenigen Tagen zu Papier brachte und zu Lebzeiten etwas verschämt unter Verschluss halten wollte, noch mehr. Heutzutage haben Musiker für so etwas schnell eine Klage am Hals, doch der französische Komponist klaute damals ziemlich offensichtlich bei vor nicht allzu vielen Jahren verstorbenen Kollegen wie Mendelssohn, Berlioz und Rossini und kaschierte dies gar nicht erst. Das Ergebnis waren überaus amüsante Effekte, etwa wenn die Schildkröten den weltbekannten Can-Can aus Jacques Offenbachs »Orpheus in der Unterwelt« tanzen – allerdings ihrer Physiognomie entsprechend viel langsamer als im Original. Zusammen mit den in Improvisationen für den eigenen Unterricht entwickelten Tiermotiven bilden diese Zitate ein faszinierendes, ja beinahe von sich aus »sprechendes« Musikstück vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Camille Saint-Saëns
Camille Saint-Saëns

Historie

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Saint-Saëns Der Karneval der Tiere

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