Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur op. 26

Es ist wohl kein Zufall, dass sich Martha Argerich immer wieder intensiv den Werken von Sergei Prokofjew widmet. Der Russe, der 1891 geboren und 1953 (am selben Tag wie Stalin!) starb, schlug als Komponist eine überaus faszinierende Brücke vom romantischen 19. ins widersprüchliche 20. Jahrhundert. Und als Pianist, so bezeugen es Aufnahmen, setzte er Maßstäbe. Der Kritiker Harold Schonberg nannte ihn gar den »neuen Mann« des Jahrhunderts: »Er hatte wenig mit der Vergangenheit gemein, und sein Spiel war vollkommen originell. Sein Einfluss auf die Klavier-Philosophie des Jahrhunderts war enorm. Dies war die Art zu spielen, wie Bartók, Strawinsky und die anderen Modernen es forderten. Es war ein funktionelles Spiel, absolut frei von artistischem Beiwerk, nüchtern und kraftvoll, ohne Phrasen, ungeduldig über Taktstriche hinweggehend.«

In dieser Beschreibung ist zugleich eine recht genaue Schilderung von Prokofjews drittem Klavierkonzert enthalten. Man stelle sich den Komponisten vor, wie er 1921 in der Bretagne weilt und dieses furiose Werk zu Papier bringt: »Ich stehe auf um 8.30 Uhr«, schrieb er damals in einem Brief. »Nachdem ich eine heiße Schokolade getrunken habe, sehe ich nach, ob der Garten noch da ist, wo ich ihn vermute. Dann setze ich mich an die Arbeit.« Das Heimatland ist seit Jahren in größter Unruhe, die Spuren des Ersten Weltkriegs belasten die Seelen, Prokofjew sucht in seiner Musik nach neuen Ausdrucksformen, spielt die Uraufführung dann später auch in der Neuen Welt (im selben Jahr in Chicago) – und beginnt den Sommertag mit Kakao sowie einem Spaziergang durch den Garten... Ist in dieser Konstellation nicht bereits die volle Komplexität des 20. Jahrhunderts enthalten?

Doch genau genommen beschränkt sich die Entstehungszeit nicht nur auf ein paar französische Sommerwochen. Prokofjew griff auf bereits in den Jahren zuvor entstandenes Material zurück. Dazu zählt etwa die einprägsame Melodie der Klarinetten in der Andante-Einleitung zum ersten Satz – eine Art Erkennungszeichen des ganzen Konzerts. Mit Allegro ist dieser erste Satz überschrieben, ein kleines Wort für den insgesamt halsbrecherischen Charakter. Es folgt ein Andantino-Thema, das Prokofjew schon 1913 notiert hatte, mitsamt fünf Variationen, wovon die Nummern zwei, drei und fünf betont virtuos und rasant gestaltet sind.

Das Finale schließlich wagt eine Art Experiment: Für das Thema, das Prokofjew bereits vier Jahre zuvor in einem Streichquartett verwendet hatte, kommt das Solo-Klavier ausschließlich mit den weißen Tasten aus. Ohne auszuufern präsentiert sich dann der Konzertschluss voller Kraft und Präzision. Das ist klar, beinahe nüchtern und zugleich explosiv. Kaum jemandem gelang diese Kombination je so klug wie Sergei Prokofjew.
Sergei Prokofjew
Sergei Prokofjew

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