Zum Abschluss – und zur nachträglichen Begutachtung der Entwicklung, die die französische Musik bis heute genommen hat – endet das Konzert gewissermaßen mit Impressionismus in Reinform. Claude Debussys 1903 bis 1905 entstandenen und knapp eine halbe Stunde langen symphonischen Meer-Skizzen für Orchester gelten als ein Musterexemplar dieser Richtung. Vielleicht versteht man die Besonderheiten der französischen Musik am besten, wenn man Debussy mit dem uns etwas näherliegenden Richard Wagner vergleicht. Natürlich war auch der junge Debussy wie viele andere Komponisten seiner Zeit zunächst ein glühender Verehrer des Wahl-Bayreuthers. Doch im Gegensatz zu diesem ist seine Musiksprache viel subtiler. Er geht den Weg Wagners ein paar entscheidende Schritte weiter und erteilt der Funktionsharmonik fast gänzlich eine Absage. Der Zuhörer kommt dadurch ins (wohlige) Schwimmen: Nie kann er sich wirklich sicher sein, wohin die Reise geht. Und vielleicht ist genau das ja das Französische in der Musik: Offenheit herrscht vor, es lassen sich kaum Anfang und Ende der Klangschichten ausmachen, die Seele gerät ins Schwingen. Dies machen schon die Überschriften der drei Abschnitte deutlich, in denen uns das Spiel der Wellen und der Wind vom Morgengrauen zum Mittag tragen. Das ist empfindsame Wiedergabe von Natureindrücken mit höchsten musikalischen Mitteln. Wie ein Monet-Gemälde. Möge Sir Jeffrey von oben lauschen.
08.10.2017 - Le Double
Sylvain Cambreling Dirigent
Andrei Ioniță Violoncello
Werke von Dutilleux, Dalbavie und Debussy