Ce qu’on entend sur la montagne S 95 – »Bergsymphonie«

»Was man auf dem Berge hört« lautet der übersetzte Titel der beinahe exakt zur selben Zeit entstandenen, etwa eine halbe Stunde langen »Bergsymphonie« von Franz Liszt. Auch wenn Hector Berlioz mit seiner »Symphonie fantastique« schon rund zwei Jahrzehnte zuvor Programmmusik geschrieben hatte, begründete Liszt mit diesem Werk doch zumindest im deutschsprachigen Raum ein folgenreiches neues Genre. Er strebte mit dieser ersten seiner Symphonischen Dichtungen nach dem Höchsten: Es ging ihm nach eigener Aussage um die »Erneuerung der Musik durch ihre innige Verbindung mit der Dichtkunst«. Fortan gab es in der symphonischen Musik also zwei Möglichkeiten: Entweder Komponisten schufen »absolute« Werke, die für sich alleinstehen – wie beispielsweise die Symphonien von Brahms oder Bruckner. Oder sie schrieben Werke, die auf Sujets basieren, die nicht aus der Musik stammen, sondern meist aus der Literatur – Richard Strauss brachte solche Tondichtungen später zur Meisterschaft. Man kann sich vorstellen, dass es zwischen Vertretern beider Richtungen immer wieder zu erbittertem Streit kam...

Liszts »Bergsymphonie« basiert auf einem Gedicht von Victor Hugo mit dem Titel »Ce qu’on entend sur la montagne«. Damit keine Missverständnisse aufkommen, stellte Liszt die Lyrik der Partitur voran: »Seid ihr wohl zuweilen ernst und still / Auf einen Berg gestiegen nah den Himmeln?«, lauten die ersten Zeilen. Und schließlich lieferte Liszt auch gleich eine eigene Erklärung dafür mit, was in seiner Komposition geschieht: »Der Dichter vernimmt zwei Stimmen. Die eine unermesslich, prächtig und ordnungsvoll, dem Herrn ihren jubelnden Lobgesang entgegenbrausend – die andere stumpf, voll Schmerzenslaut, von Weinen, Lästern und Fluchen angeschwellt. – Die eine spricht ›Natur‹, die andere ›Menschheit‹! Die beiden Stimmen ringen sich einander näher, durchkreuzen und verschmelzen sich, bis sie endlich in geweihter Betrachtung aufgehen und verhallen.« (Oft folgten andere Komponisten später diesem Beispiel und stellten ihrer Programmmusik erläuternde Zeilen voran.) Es bleibt die Frage, ob derlei Kommentare zum eigenen Werk erhellend wirken oder vielleicht eher die Sinne des Hörers einengen. Zumindest machte Liszt aber auf einen Gegensatz aufmerksam, der in der Tat die »Bergsymphonie« durchgehend prägt: Auf der einen Seite die Natur, auf der anderen der Mensch.
Franz Liszt
Franz Liszt

Historie

02.12.2018 - Himmelwärts

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Werke von Schumann, Liszt und Berlioz