Ob Franz Liszt, einer der romantischen Meister der programmatischen Musik, bei seinem 1. Klavierkonzert ähnlich wie Dvořák bei seiner Ouvertüre außermusikalische Inhalte vor Augen hatte, ist Spekulation. Seine Werke legen den Verdacht oft nahe, dass sie sich auf Literatur oder ähnliches beziehen, doch ein anderer Aspekt scheint hier wesentlicher: In diesem Konzert schafft sich ein großer Pianist die Bühne für seine begnadete Virtuosität. Was für ein Spielfeld für eine Künstlerin wie Martha Argerich!
Der erste Satz, ein gewichtiges und mitunter mysteriöses Allegro maestoso, entwickelt einen Rausch, der an Dvořák erinnern könnte – wäre er nicht so verspielt und wendungsreich. Das Hauptthema mit seinen energisch absteigenden Sekunden bleibt schnell in Erinnerung. Daraus formt Liszt wahrlich virtuose Klavierpassagen. Und er versäumt nicht, mit einem lyrischen zweiten Thema für Abwechslung zu sorgen. Aber keine Frage, nahezu die gesamte Orchesterarbeit dient der Solistin.
Es folgt ein langsamer Satz, den Liszt »Quasi Adagio« nennt. Das sanft aufwärts schwingende Thema kennen wir als Walzer aus Richard Strauss' »Rosenkavalier« – dieser übernahm es später. Bei Liszt wird aus der Melodie große Leidenschaft. Eine hübsche Flötenweise löst es irgendwann ab. Und bevor sich der Komponist dem Finale zuwendet, dann also noch ein Scherzo-Satz, den man tatsächlich eher in einer Symphonie erwarten würde. Dass Liszt durchaus verstand, das Orchester effektvoll einzusetzen, wird an der besonderen Rhythmik deutlich: Der Triangelspieler hat hier ausnahmsweise mal einiges zu tun; immer wieder macht er locker angedeutete Einwürfe. Und dieses Allegro vivace sorgte schnell für einen Spitznamen, von dem sich kaum sagen lässt, ob er ernst oder scherzhaft gemeint ist: Liszts 1. Klavierkonzert nannte man fortan »Triangelkonzert«.