Die exakt chronologische Reise durch die Musikgeschichte endet mit Béla Bártok (1881-1945), der sich nicht nur als gefeierter Komponist, sondern auch als unermüdlich forschender Musikethnologe profilierte. Der gewissenhaften Aufzeichnung ungarischer und osteuropäischer Volksmusik verdanken wir unter anderem auch seine »Rumänischen Volkstänze«, die er während des Ersten Weltkriegs erstmals in einer Klavierfassung zusammenstellte.
In Siebenbürgen, damals noch ein Teil Ungarns, zeichnete Bartók die Volkstänze auf und stellte sie gemäß einer authentischen Abfolge eines Dorftanzes zu sechs nachfolgenden Tänzen zusammen: Jocul cu bâta (Stabtanz), Brâul (Rundtanz), Pe Loc (Stampftanz), Bubiumeana (Kettentanz), Poarga românesca (Rumänische Polka) und Mâruntel (Schnelltanz). In den Tänzen vereint sich der authentische Charakter der von Bartók selbst so betitelten »Bauernmusik« mit seinem kompositorischen Können: Transsilvanisches Feuer trifft auf exotische Tonskalen, und höchste Leidenschaft gepaart mit innigster Zerbrechlichkeit mischt sich mit freien Wechseln der Taktarten. Gerade diese Melange aus ungezwungenem Ausdruck und freier, für die westliche Kunstmusik ungewöhnlicher Form von Skalen und gebrochenen Takten faszinierte Bartók.
Es ist eine Art Wiederhören: 2019 eröffneten Martha Argerich am Flügel und Symphoniker-Konzertmeister Adrian Iliescu an der Violine mit diesem Stück das Martha Argerich Festival in der Laeiszhalle. Heute Mittag erklingt es in der nicht minder spannenden Fassung für Klarinette und Streicher.
27.09.2020 - Martin Fröst
Martin Fröst Dirigent und Klarinette
Werke von Mendelssohn Bartholdy, Rameau, von Weber und Bartók