Trost hatte Richard Strauss nicht nötig, als er 1919 eine lukullische Auswahl von Sätzen seiner Ballettmusik zu Molières »Le Bourgeois gentilhomme« zur Orchestersuite »Der Bürger als Edelmann« zusammenstellte. Wie bei Strawinsky lässt sich anhand dieses Stückes ebenfalls eine Neigung zum angenehm zu rezipierenden Neoklassizismus beobachten. Diese Musik erklingt dennoch im Radio häufiger als im Konzertsaal.
Ein Grund: Der Suite als solcher fehlt es an innerer Verbindung durch Texte. Wie bereits in einigen anderen Fällen (»Egmont«, »Thamos«) verhelfen die Symphoniker Hamburg auch dieser Schauspielmusik mit dieser Auf- führung somit zu neuem Bühnenleben: Hans-Jürgen Schatz spricht Dialoge von zwölf Personen aus Peter Ustinovs Nacherzählung von Molières Komödie. Eine bessere Welt, eine Welt voller Anekdoten. Das ist, so zeigt sich heute, hochgradig amüsant!
Die Handlung in Kurzform: Der nicht gerade gebildete und im guten Benehmen gar völlig unerfahrene, neureiche Geschäftsmann Jourdain will – mehr Schein als Sein – ein Angehöriger des besseren Pariser Gesell- schaft werden. Er stellt in Windeseile diverses Personal an, einen Musik- lehrer, einen Tanzmeister, einen Philosophielehrer und sogar einen Fechtmeister, um eine verwitwete Marquise zu beeindrucken und eben all das zu lernen, was ein »richtiges« Mitglied der höheren Kreise können muss: tanzen, Briefe schreiben, sich richtig verbeugen. Auch Jourdains Tochter soll mitmachen – und einen windigen Grafen heiraten. Darauf hat diese aber partout keine Lust und überlistet ihren Vater mit einer aberwitzigen Maskerade. Die Irrungen und Wirrungen nehmen ihren Lauf ... Bis Jourdain Einsicht zeigt.
03.04.2022 - Wellenbewegung
Geoffrey Paterson, Hans-Jürgen Schatz
Werke von Bach, Strawinsky und Strauss