Von welcher Art die seelischen Qualen waren, die Peter I. Tschaikowsky zeitlebens umgetrieben haben, lässt sich beispielhaft an der Entstehungsgeschichte seiner Fünften ablesen. Nicht nur zu Beginn der Arbeit, sondern auch mittendrin und nach Abschluss zweifelte der 1840 geborene Landsmann Prokofjews an deren Gehalt. »Ist nicht die Zeit gekommen aufzuhören, habe ich nicht meine Empfindungskraft überspannt?«, fragte er sich. Nach langen Komponiertagen klagte er: »[...] jetzt bin ich so müde, dass ich nicht einmal fähig bin zu lesen.« Und noch als er die fünfte, 1888 uraufgeführte Symphonie, die vielen als seine ausdrucksstärkste gilt, dreimal selbst aufgeführt hatte, meinte er: »[nun] bin ich von ihrem Misserfolg überzeugt. Es ist etwas Abstoßendes darin, Flickwerk, Unaufrichtigkeit und Kunstkniffe.« Diese Urteile sind umso bemerkenswerter, je breiter der bis heute ungebrochene Siegeszug dieses Werkes wurde, nachdem der Dirigent Arthur Nikisch sie wiederentdeckt hatte.
Natürlich ist es, wie bei Tschaikowsky gewohnt, auch hier die sangliche Melodik, die den zahlreichen Themen besonderen Charakter verleiht. Aber auch die Rhythmik spielt eine Rolle – nicht zuletzt im Leitthema, das die gesamte Symphonie bestimmt. Die Klarinette stellt es gleich in der Andante-Einleitung des ersten Satzes vor: Leise hören wir die punktierten Viertel mit anschließender Doppel-Sechzehntel. Die Sekunde ist das vorherrschende Intervall dieser e-Moll-Figur, der Tonumfang ist nicht groß. Ein (nicht veröffentlichtes) Programmfragment, das er diesem ersten Satz zugrundelegte, ist hier musikalisch umschrieben: »Völlige Ergebung in das Schicksal.«
23.06.2019 - Aufgewühlter Widerhall
Martha Argerich Klavier
Sylvain Cambreling Dirigent
25.06.2019 - Seelendramen
Martha Argerich Klavier
Sylvain Cambreling Dirigent
Werke von Webern, Prokofjew und Tschaikowsky