Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58

Entstehung: 1804-06

Uraufführung: März 1807, Beethoven als Solist

Erstdruck: Wiener Kunst- und Industrie-Comptoirs, 1808

Widmung: Erzherzog Rudolph von Österreich

Spieldauer: ca. 32 Minuten

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum. Wenn dieser oft aus dem Zusammenhang gerissene Ausspruch von Friedrich Nietzsche für Mozart gilt, hat die Umkehrung des Satzes insbesondere für Beethoven Bedeutung: Ohne Leben wäre die Musik ein Irrtum. Das 4. Klavierkonzert des Bonners ist so überbordend gehaltvoll, in ihm steckt so viel Leben, so viel selige Sehnsucht, dass es den Wahrheitsgehalt dieser Aussage unter Beweis stellt.

Als hätte also die satte Lebensfülle den Komponisten die Feder geführt, behauptet sich das Individuum (die Klavier-Solostimme) gegen die Gesellschaft (das Orchester): In den ersten fünf Takten des Allegro moderato präsentiert es uns ganz allein im piano und »dolce« (süß) ein wegweisendes Motiv aus drei Auftakt-Achteln samt anschließender Sekunde. Daraufhin hält sich die Solostimme zwar volle 70 Takte höflich zurück – es ist aber das erste Mal in der Musikgeschichte, dass die Solostimme ganz allein ein Instrumentalkonzert eröffnet. Sie »versorgt« das Orchester also mit dem Motiv-Material, sie ist Ton-angebend.

Im weiteren Verlauf entwickelt das Klavier aus dem Motiv vom Beginn recht freie schnelle Läufe, die nur hier und da vom Orchester akkordisch unterstützt werden. Zwar dient das Klavier mitunter auch dem Orchester, wenn Streicher oder Bläser die Arbeit am thematischen Material übernehmen (diese Passagen haben dem Konzert den Ruf eines lyrisch-idyllischen Werkes eingebracht), aber der Satz endet mit einer ausführlichen Kadenz.

Im zweiten, recht dunklen Satz wird Beethovens Vorstellung des klassischen Instrumentalkonzertes am deutlichsten. Das war seinerzeit einmalig: In der Partitur findet sich kaum ein Takt, in dem Solostimme und Tutti gemeinsam auftreten. Allzu viele Töne umfasst dieser Satz gar nicht; es sind nur wenige Notenseiten, so langsam und dunkel ist der Charakter dieses Andante con moto. Doch die Rollenverteilung ist klar: Während das Orchester für eine energisch-düstere Stimmung in tiefer Lage sorgt, hält das Klavier sanft und lyrisch dagegen.

Für Harmonie zwischen Solist und Orchester sorgt dann der dritte Satz. Beide finden im Rondo.Vivace mit sprühender Lebhaftigkeit zueinander und stellen sich in den Dienst von etwas Höherem, der Musik. Es scheint fast so, als habe die sanfte Solostimme des zweiten Satzes beschwichtigend auf das Orchester eingewirkt. Wir konstatieren also einen »Sieg« des Individuums. Der Musik hat es Leben eingehaucht.

Ludwig van Beethoven
Ludwig van Beethoven

Historie

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